Alltags-Story I:

Wie Change Manager sich gegenüber den Sponsoren der Veränderung positionieren.

„Wofür habe ich diese Frau eigentlich eingestellt?“, murmelte Georg, der CEO einer Vertriebsgesellschaft. Er hatte vor sechs Monaten die Entscheidung getroffen, Anja, einen seiner klugen Köpfe, als Leiterin des Turnaround Management Teams einzusetzen.
Das Team bestand aus einigen wirklich guten Leuten, und er war damals überzeugt gewesen, dass Anja das Zeug dazu hatte, das Team zu leiten und die notwendigen Veränderungen durchzusetzen. Aber Anja störte ihn immer wieder. Sie wollte, dass er an einer Besprechung teilnahm, um eine Vision auszuarbeiten; dass er die Regionalbüros besuchte, um dort Vorträge zu halten. Sie bat ihn wiederholt, Schreiben an die an der Veränderung beteiligten Personen zu senden.
Was ging hier vor sich? Wer sollte denn die Veränderungen eigentlich durchsetzen, er oder Anja? Wenn er sowieso die ganze Arbeit machte, vielleicht brauchte er Anja dann gar nicht. Und was waren das alles für Maßnahmen, um die sie ihn bat? War das wirklich alles notwendig und erforderlich? Die Veränderungen, die vom Turnaround Team ausgehen sollten, waren dazu gedacht, der Firma den Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, den sie so dringend brauchte. Konnten die Leute das denn nicht verstehen? Was sollte der ganze Blödsinn mit Anreizsystemen, Visionen und Vorträgen. Die Mitarbeiter sollten sich der Veränderung anschließen, weil sie von ihrer Richtigkeit überzeugt waren. Er wusste doch schließlich, was für seine Firma das Beste war. Er hatte die Veränderung ja eingeleitet. Vielleicht sollte er auf Anja verzichten und die Sache selbst in die Hand nehmen.
Anja ließ sich von Georg nicht im Geringsten einschüchtern.Schauen Sie“, sagte sie, als sie sich begegneten und er ihr seine Enttäuschung mitteilte. „Sie spielen in diesem Prozess eine Schlüsselrolle. Ich habe die Vorgehensweise der Veränderung entworfen, ich unterstütze die Durchführung der Veränderung, aber Sie sind der Sponsor; derjenige, an dem Ihre Mannschaft sich orientiert. Die Leute wünschen es sich, dass Sie sichtbar und präsent sind.“
Anja sprach lange mit Georg. Als sie das Gespräch beendeten, war Georg beeindruckt. Vielleicht wusste sie wirklich, was sie tat! Vielleicht musste auch er die Verantwortung für seine Rolle übernehmen …
 
 
Alltags-Story II:

Der Meister als Steuermann der Umsetzung

Die betrieblichen Prozessbegleiter eines Metall verarbeitenden Betriebs beklagten sich darüber, dass die Meister den LEAN-Umsetzungsprozess nicht genug unterstützten. Insbesondere gaben die Meister Ihren Mitarbeitern keine klaren Vorgaben zur Umsetzung und überprüften auch nicht den Umsetzungsstatus. Es schien den Meistern gleichgültig zu sein, ob der Prozess ein Erfolg wurde oder nicht.
Der Veränderungsmanager beschloss, ein regelmäßiges Meeting „Erfahrungsaustausch“ mit den Meistern ins Leben zu rufen, in dem sie ihre Meinung zum Ablauf und zum Sinn des LEAN-Programms äußern konnten. Die Meister wurden zudem vom Werkleiter persönlich aufgefordert, dem Projekt-Steuerkreis zu berichten, an welcher Stelle sie Schwierigkeiten bei der Umsetzung hatten.
Fazit: Die Meister fühlten sich ernst genommen und wertgeschätzt. Sie beteiligten nun aktiv an der Umsetzung und zogen sich häufig genug gegenseitig mit.
 
 
Alltags-Story III:

Wenn an der Kommunikation gespart wird …

Ein Team aus Führungskräften der mittleren Ebene, Meistern und Vorarbeitern erarbeiteten im Workshop eine Wertstromanalyse Ihres Bereichs. Sie entwickelten einen Plan zur Reduzierung der Durchlaufzeiten und einigten sich auf ein neues Bereichslayout.
In der Umsetzungsphase wunderten sie sich jedoch, dass die Mitarbeiter die Neuerungen nur mäßig umsetzten und es viele Diskussionen gab. Was war passiert? Der Abteilungsleiter hatte die Infoveranstaltung im direkten Anschluss an die Wertstromanalyse für alle Mitarbeiter im Hinblick auf die Kosten/Ausfallzeit abgelehnt. Dies musste nun mit einer langen und Kräfte zehrenden Umsetzungsphase bezahlt werden.
 
 
Alltags-Story IV:

Nachlassende Euphorie

Ein Werkleiter beschwerte sich darüber, dass die Euphorie nach den ersten Umsetzungserfolgen in puncto „5S“ (Arbeitsplatzorganisation) stark nachließ. Die Bereiche fielen schnell in alte Gewohnheiten zurück und hielten sich nicht konsequent an die neuen Standards. Nach kurzer Zeit schon drohte der Bereich wieder so auszusehen wie vorher.
Der Veränderungsmanager schlug seinem Sponsor, dem Werkleiter vor, jeden Morgen nach der Anlaufbesprechung gemeinsam einen Rundgang durch die Bereiche zu machen. Beide benutzten eine Abweichungs-Checkliste, die sie anschließend den Meistern übergaben und besprachen. Ziel war es, dass die gefundenen Abweichungen am nächsten Tag abgestellt sein sollten, was auch geprüft wurde.
Nach bereits einer Woche konnte der Werkleiter aufatmen ... Der tägliche Rundgang hatte Erfolg gezeitigt.
 
 
Alltags-Story V:

Überwindung des Widerstands - Was habe ich von Spielregeln?

Die meisten Befürchtungen Ihrer Mannschaft vor der anstehenden Veränderung können Sie mildern, wenn Sie sich als Führungskraft an diesen universellen Leitlinien orientieren. Diese sind hier von einer Führungsmannschaft eines Werkzeugbaubetriebs vereinbart worden.

  • Wir folgen einem sauber ausgearbeiteten Veränderungsplan.
  • Wir geben jedem die notwendigen Informationen, Training und Unterstützung, die jemand benötigt, um gut mitarbeiten zu können.
  • Wir ermutigen jeden, seine Erfahrung und sein Wissen zur Gestaltung der Veränderungsprozesses einzubringen.
  • Wir halten alle über den Fortschritt des Projekts auf Stand, durch Aushänge, Regelbesprechungen etc.
  • Wir binden alle ein und heißen konstruktives Feedback willkommen.

Klar, keine Spielregel funktioniert ohne eine Regel darüber, wie mit Abweichungen umgegangen wird. Deshalb gaben sich die Führungskräfte die folgende Grundsatzregel: Wir sprechen einander auf Abweichungen an und geben einander verbindlich Feedback.

 
Alltags-Story V:

Umgang mit der Gerüchteküche

Die letzte Mitarbeiterumfrage in einer Automobilfertigung zeigte, dass sich die Zufriedenheit der Mitarbeiter auf beunruhigend niedrigem Niveau bewegte. Aus den Bereichen waren dem Werkleiter Gerüchte zu Ohren gekommen, die neue LEAN-Initiative würde dazu verwandt, durch die Hintertür Arbeitsplätze abzubauen. Die Qualität der produzierten Teile ließ zudem ständig nach. Der externe Change Agent (Veränderungsmanager) schlug vor, regelmäßige Meetings direkt mit den Mitarbeitern abzuhalten (Skip Level Meetings), bei denen diese die Gelegenheit hatten, den Werkleiter direkt nach seinen Vorhaben zu fragen und Antwort auf ihre Befürchtungen zu bekommen. Die mittlere Führungsebene war in diesen Meetings nicht anwesend, damit jeder der Anwesenden sich frei äußern konnte, ohne die Befürchtung haben zu müssen, für angesprochene Probleme vom direkten Vorgesetzten sanktioniert zu werden.

Nach den ersten für alle Seiten aufregenden Meetings wurde beschlossen, diese regelmäßig im ganzen Werk durchzuführen. So konnte die Gerüchteküche in den Griff bekommen werden, auch die Qualitätsrate stieg wieder an … Die Bereichsleiter erhielten zudem ein regelmäßiges Feedback vom Werkleiter und einigten sich auf bereichsspezifische Verbesserungsmaßnahmen.

Zum Autor:

Andreas LiebrechtAndreas Liebrecht ist  selbstständiger Managementberater und -trainer für Change Management. Seine Expertise sammelte er auf nationaler und internationaler Ebene in Groß- und mittelständischen Unternehmen. Liebrecht ist bei seinen Kunden als systemisch-lösungsorientierter Supervisor, Organisationsberater, Mediator sowie Performance Improvement Manager (ISPI) hochgeschätzt. Seine Kernkompetenz liegt in der Integration der strategischen Veränderungen in das operative Geschäft.

Zum ausführlichen Profil von Andreas Liebrecht
Andreas.Liebrecht(at)qrpmmi.com